°descriptio°:
Ich musste heute nachmittag hier raus. Aber das nicht wegen Sauerstoffmangel sondern weil ich hier keine Luft mehr zum Atmen hatte. Und bevor ich Schnappatmung bekomme gehe ich mal lieber etwas spazieren. Ohne Werkzeug. Das hätte mich nur noch mehr belastet. Ich wollte ja auch nicht wie sonst auch planlos in der Gegend die Gegend knipsen sondern bei einem hoffentlich erholsamen Spaziergang mal den Stand der natürlichen Dinge ausloten.
Und so begab es sich, dass ich den mir naheliegendsten Pfad beschritten hatte und in Anfangs erst noch schnelleren Gangart, später dann aber dann doch etwas gemächlicher auf dem EmscherValleyWay entlangtrabte. Was natürlich den Vorteil mit sich brachte, dass durch leiseren Gang sich die hiesigen Bewohner nicht gleich angepisst fühlen brauchten.
Meine Rücksichtnahme wurde belohnt.
Mir kam es nach langer Zeit der Abstinenz so vor, als wären heute ALLE da. Und ich hatte genug Zeit und Muße, mal wieder das Leben ausserhalb von Residenzia zu genießen. Das waren keine Fata Morganas. Die waren alle echt. Und weil gefühlt ALLE hier wieder versammelt waren, beschloß ich, am nächsten Tag dann mal MIT Werkzeug hier einzufliegen.
Am ersten Strommast auf der Hundewiese hinter dem Friedhof entdeckte ich eine merkwürdige Ansammlung von Fluginsekten, die unablässig im Schwirrflug um mich herum flitzten, die ich aber während ihrer Flugshow nicht wirklich identifizieren konnte. Ich beobachtete dann geduldig die Flugeigenschaften bis sich dann irgendwann eins von den Kollegen auf einem Halm ausruhen wollte. Und dort saßen noch mehr von denen. Ich hatte mit der Bimmelknipskiste versucht, da mal ein Identifikationsfoto zu machen und musste dafür dann auch mal etwas dichter ran an den Speck.
Meinen Speck hatte die Zecke gerochen. Und meine Neugier als Gelegenheit für einen ungebetenen Besuch auf mir genutzt. Wie so’ne Zecke das eben klammheimlich so macht. Ich hätte auch ein Hund sein können. Die Quälgeister machen allerdings keine Unterschiede, wenn die Kohldampf haben und gehen an ALLES dran, was atmet.
Wieder zuhause angekommen hatte ich meinen Parasiten erst nicht bemerkt. Wie auch. Die sind mir ohne Brille schlicht zu klein.
°loco°
Eigentlich auf dem EmscherValleyWay passiert, aber gefunden habe ich die am nächsten Tag an meinem Bauchspeck etwa 4 cm links unten neben dem Bauchnabel bei und in der Morgentoilette …
°ego sententiam°
Ich hatte mir vorgenommen, besser darauf zu achten wo ich lang laufe. Denn Zecken lernen auch und wissen, wo die Hauptverkehrswege sind, an denen sie sich in Wartestellung niederlassen.
Man möchte selbst ja gerne die Pfade nicht verlassen wollen, weil man nicht das umliegende Grünzeuch unnötig platt latschen will. Aber da, wo man auf haufenweise Köter trifft und auf haufenweise Haufen von denen tritt, genau da sind die Zecken. Weil die sonst auf grüner Wiese keinen Wirt und so auch keinen Spaß finden würden.
Deshalb man dann beim Verlassen der eingelatschten Trampelpfade gleich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: keine Kacke am Schuh und keine Zecke am Arsch.
Die sind früh unterwegs dieses Jahr. Ich bin froh, dass ich mich habe impfen lassen. Was allerdings auch kein Allheilmittel ist. Nur gegen Borreliose ist man geschützt. Andere Viren können immer noch tüchtig zulangen (falls die übertragen werden).
Einen Zeckenstich vermeiden kann eine Impfung schon mal gar nicht. Ich kann nur hoffen, dass das Drexvieh nix Besonderes hatte für das noch kein Kraut gewachsen ist.
Wir haben doch gerade erst die Frühblühersaison und der Rest ist noch in freudiger Erwartung.
Den Parasiten hatte ich zum Glück am Bauch. Also für mich in Reichweite ohne akrobatische Verrenkungen machen zu müssen. Mit der Standardpinzette hatte ich beherzt und ohne vorher an dem Monster rumzufummeln den Überraschungsangriff gewonnen und das Vieh komplett aus meinem Körper entfernt. Ich kaufe mir bei nächster Gelegenheit besser mal richtiges Werkzeug. Ich hatte beim Ziehen den Fehler gemacht und den Hinterleib der Zecke mit der flachen Pinzette zwangsläufig gequetscht, als ich sie damit packte und mit einem schnellen Ruck rausgezogen hatte. So soll man das angeblich nicht machen, weil dann die Gefahr bestehen würde, dass man sich den „Mageninhalt“ der Zecke zusammmen mit dem ganzen anderen Scheiß in seinen eigenen Blutkreislauf pumpt. Und eben genau DAS will man ja verhindern.
Weil die Spezies echt hart im Nehmen ist konnte ich das unversehrte Tier in Quarantäne setzen.
Der Krabbler krabbelte und das nahm ich als Herausforderung an.
°supplementum°
Etwa vier Tage nachdem ich von dem Scheißvieh angesaugt worden bin erhaschte ich mehr zufällig die Radiomeldung, dass die Spezies für dieses Jahr mal so richtig mobil gemacht hat und augenscheinlich die Weltherrschaft übernehmen möchte.
Erkennbar daran, dass die in diesem Jahr eigentlich viel zu früh auf den Plan treten und gerade definitiv in der Überzahl sind. Und die haben Hunger…
Mein Zeckenstich hatte sich gerötet und auch noch nach mehr als einer Woche ziemlich derbe gejuckt. Ich hoffe nur, dass das Drexvieh nicht mit irgend so’nem Scheißvirus kontaminiert war…
°illustrationen°:



Die sind auch in die bewegenden Bilder unten mit eingebaut. Es handelt sich dabei wohl noch um eine Nymphe. Hätte die an mir überlebt, wäre sie zu einer ausgewachsene Zecke herangewachsen …
°movere imaginibus°
°navigation auxilium°
… man könnte auch Navigationshilfe drauf sagen. Ab hier geht’s irgendwie weiter …