°descriptio°:
Wir haben als erste Amtshandlung des sich neigenden Tages meinen kleinen Freund, den Moderkäfer, wieder dorthin zurückgebracht, wo er unbemerkt als blinder Passagier in meinen Bauchbeutel zugestiegen ist. Wir hatten erst überlegt, ob wir den heute mit in die Brandheide nehmen sollten. Aber man soll doch bitte niemanden von seiner Familie und seinen Freunden gewaltsam trennen. Auch wenn der Käfer für sich entschieden hat, eine aufregende Entdeckungsreise anzutreten, so sollte er dann wohl doch wieder und vor allem rechtzeitig seiner ursprünglichen Herkunft und Heimat zugeführt werden. Bis auf Wasser konnte ich dem in den vergangenen Tagen auch nichts Nahrhaftes anbieten. Der wäre bei noch längerem Aufenthalt wahrscheinlich elend verhungert.
In der Brandheide war es erwartungsgemäß warm (25° C in der Nacht) und windstill. Beste Voraussetzungen also, um den vom Schatzi so sehnlich erwarteten Nachtfaltern zu begegnen.
Doch anscheinend war UPS wieder schneller. Die haben ja in quasi unmittelbarer Nähe ihr großes Logistikzentrum. Und es drängte sich dann auch der Verdacht bei uns auf, dass die ihrer Reisebeschreibung eine Speisenkarte beigelegt haben müssen.
Denn die klassischen Falterfutterpflanzen waren hier wenn überhaupt nur rar gesät. Für die meisten der hiesigen Nachtfalter also offensichtlich Grund genug, bei UPS zuzusteigen und sich an erklecklichere Orte zu begeben, um anständig satt zu werden.
Die verbliebenen Spezies machten sich für uns unsichtbar.
Wir haben bis auf große Käfer, die selbst in der Dunkelheit nicht zu übersehen waren, so gut wie keine weiteren und für uns deutlich interessanten Trophäen sammeln können.
Das Schatzi war danach dann doch etwas enttäuscht, weil die Wanderung aufgrund des Umfangs und des Gewichts des mitgeschleppten Werkzeugs und der (noch) ungewohnten Dunkelheit von uns beiden als unnötig anstrengend empfunden wurde.
Man hätte eigentlich auch drauf verzichten können …
°loco°
Nachtwanderung in der Brandheide.
°ego sententiam°
Nachtfalter in ihrem vermuteten Lebensraum zu suchen, ist also grundsätzlich schon mal Blödsinn. Die heissen auch Schwärmer und deshalb schwärmen die aus. Vorzugsweise dahin, wo man gerade sein Bündel gepackt hat um sie da zu suchen, von wo die gerade ausgeschwärmt sind.
In Ediths Wohnzimmer und auf ihrem Balkon wären wir also fündig und wahrscheinlich wunschlos glücklich geworden. Und hätten uns auch nicht mit dem schweren Gepäck plagen müssen. Unter der Straßenlaterne auf der Ankerstraße flattern ab gegen 23:00 Uhr bis etwa so gegen 02:00 Uhr auch eine Vielzahl kleiner und großer Nachtfalter. Ich kann die mit dem kleinen Fernglas gut dabei sehen. Eigentlich bräuchte man sich nachts auch nur unter eine Straßenlaterne stellen, um Nachtfalter finden zu können …
°supplementum°
Wir versuchen das nochmal. Dann aber auf Pluto. Da gibt’s Flieder. Nachtfalter mögen ja Flieder. Vielleicht bleiben da auch mal welche artig sitzen und machen mit. Und es soll ja sogar noch wärmer werden. Der Wetterbericht munkelt von 30° C in der Nacht. Die derzeitige Tagestemperatur messen wir auf dem Freisitz mit mehr als 35°C bei annähernder Windstille. In der Sonne ist es nur schwer auszuhalten …
°illustrationen°:
°navigation auxilium°
… man könnte auch Navigationshilfe drauf sagen. Ab hier geht’s irgendwie weiter …