°descriptio°:
Ich hab sie nun auch schon wieder viel zu lange vor mir hergeschoben, die Sache mit meinem Plan, das Horizont-Observatorium mit der Kamera komplett zu umkreisen. Ich wollte das Ding vorbereitet wissen. Mir war klar, dass ich nicht auf blauen Dunst über die 529 ausgelatschten Stufen auf die Halde kraxeln konnte um dann oben unter’m Sauerstoffzelt mal eben das Rohrmonster zu umrunden.

Während meiner „Planung“ und dann auch bei der heutigen Ausführung stieß ich nämlich tatsächlich auf so einige Hürden, die es zu überwinden galt:
- das Wetter
wenn das Wetter nicht mitspielt und mir keinen mit möglichst tiefen und langsam ziehenden Wolken ansehnlich blauen Himmel bietet, wirkt alles nicht. Die Deko ist entscheidend.
- die Besucherfrequenz
zuviele Schaulustige sollten mich auf dem Weg nicht behindern. Ich dachte also zuerst an die frühen Morgenstunden. Die aber den Nachteil hatten, dass sich die Lichtverhältnisse während des gesamten und vor allem durchgängigen Aufnahme-Intervalls nicht wirklich kontrollieren lassen. In Etappen das zu machen ist ja schließlich keine Herausforderung
- der Tag und die Uhrzeit
Am Wochenende wäre wohl aufgrund erheblicher Besucherströme der Rundgang kaum störungsfrei möglich. Das Intervall muss aber hochkonzentriert abgelaufen werden. Also entschied ich mich für einen Wochentag ab Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht und aufgrund der geplanten Position und Ausrichtung des Bildauschnitts mit dem Pentax 16-85 bei 16 mm keine fatalen Überbelichtungen zu erwarten sind. Die Linse ist genau richtig dafür, wennauch sie im Weitwinkel zu leicht kissenförmiger Verzerrung neigt, die in der Nachbearbeitung zum (kleineren) Problem werden könnte
- die Dauer
ich hatte grob überschlagen, dass der Spass maximal etwa eine Stunde dauern könnte. Da lag ich komplett falsch. Effektiv hatte der Schneckengang dann tatsächlich knapp sechseinhalb Stunden in Anspruch genommen
- der Weg/die Strecke
beim ersten Versuch (bei dem mir auch die Idee mit dem Rundlauf kam) hab ich weder grob einschätzen noch halbwegs messen können, wie lang die Strecke ist, die ich auf dem Plateau zurückzulegen habe. Aber GoogleEarth ist mein Freund. Und für eine grobe Schätzung einer Strecke schon annhähernd genau. Der geplante Weg sollte demnach 564 Meter und eine zu umrundende Fläche von 14.911 m² betragen (siehe die rote Linie auf dem Haldenplateau). Der Meridianbogen ist knapp 50 Meter hoch. Klingt alles nach Superlative? Das ist es für mich auf jeden Fall.

- Qualität der Aufnahmen
die Aufnahmen habe ich ursprünglich zwecks zügiger Weiterverarbeitung ausschließlich im JPEG Format zu je 6 MB Dateigröße machen wollen. Aber die viel zu hohen Kontraste waren eine echte Hürde. Im Gegenlicht sind die im Schatten liegenden Seiten der Bögen komplett abgesoffen und nur noch als schwarze Fläche zu identifizieren gewesen. Das wirkte auf den ersten Testbildern nicht sehr ansprechend. Vor Ort hatte ich dann mit den kamerainternen Einstellungen rumexperimentiert und auch damit kein zufriedenstellendes Ergebnis erreichen können. Dann fiel mir ein, dass die K-7 ja auch HDR eingebaut hat. Allerdings hat diese Funktion den entscheidenden Nachteil, dass die interne Verarbeitung von drei Belichtungen zu einem Foto dann schon etwas länger dauert, weil die K-7 – wie ihr Besitzer – kein herausragender Rechenkünstler ist. Und die interne Berechnung braucht natürlich ’ne Menge Strom. Das Ergebnis war allerdings ganz nach meinem Geschmack. Ob die Akkus auch bis zum Schluß durchhalten war das nächste Problem, weil ich ja noch nicht wirklich wusste, wann denn Schluß sein würde.
- Anzahl der Einzelaufnahmen
ergeben sich rein rechnerisch aus der voraussichtlich zurückzulegenden Strecke, der zwischen den Aufnahmen gewählten Schrittlänge und der voreingestellten Intervallzeit.
Ich kam beim Setzen der Parameter auf folgendes Ergebnis:
die geplante Strecke von annähernd 561 Metern geteilt durch die (hoffentlich durchschnittliche) Schrittweite von etwa 50 cm ergeben also (ohne Pause) voraussichtlich 1.122 durchgängig gemachte Einzelfotos.
Tatsächlich sind dann 1.144 Einzelbilder draus geworden. Es wurden auch nur deshalb ein paar mehr, weil ich am Ostpfeilbauwerk, dessen Spitze zur aufgehenden Sonne ausgerichtet ist, ’ne kurze Verschnaufpause dazu nutzte, mich auf der Bühne da mal selbst mit in Szene einzubauen. Ausserdem stand ich unter Nikotinentzug …
- die Streckenführung
sollte entscheidend für das von mir gewünschte Ergebnis sein. Ich konnte mich – bis auf die erste große Kurve über den Schotter – nach dem befestigten Weg richten. Das war schon allein deswegen wichtig, weil ich annehmen durfte, dass ich nicht mit allzu vielen heftigen Unebenheiten rechnen musste, die ich dann während der Aufnahme zu korrigieren habe. In zwei Ebenen den Bildauschnitt fix anzupassen ist ja noch machbar. Aber dann noch die dritte Ebene wird dann schon zur Herausforderung. Die ich auf dem Schotter zwangsläufig annehmen musste.
- das Aufnahmeintervall
zwischen zwei Aufnahmen bzw. Einzelbildern liegt bei genau 15 Sekunden. Im Leben können die lang sein. Bei meinem Unterfangen sind die aber zuweil arg knapp bemessen. Für ein so großes Motiiv wie das Horizont-Observatorium aus der mitunter aufgrund der Wegführung nicht einfachen Nähe und der insgesamt zu bewätigenden Strecke auf unterschiedlichem Untergrund und mit scharfen Kurven und an störenden Absperrzäunen vorbei kann dann ziemlich schweißtreibend werden. Nicht wegen der Anstrengung. Sondern wegen der höchsten Konzentration, die man der Aufgabe zu widmen hat. Ich hatte dann auch mindestens dreimal die Kamera verrissen, was ich dann in der Nachbearbeitung wieder mit allen zu ziehenden Registern heraustricksen musste, um nicht nochmal von vorne anzufangen.
- der Fixpunkt
bei so einer Aufnahmetechnik ist das Anvisieren eines festen Punktes entscheidend für Gedeih und Verderb des Ergebnisses. Einfach draufloslaufen und dabei dann nur irgendwie draufhalten is‘ nich‘. Ich musste mir also den markanten Punkt suchen, den ich während des Rundlaufs beim Fokussieren und Ausrichten immer wieder finden kann. Das war, – aus meiner Sicht – aufgrund der bis auf den Horizont und den bescheuerten Gerüsten fehlenden geraden Kanten und Linien, dann der Knotenpunkt der beiden Halbkreise. Ironischerweise befindet sich genau da auch die gerissene Schweissnaht, die das Observatorium schon seit der Eröffnung lahmlegt. Der Knotenpunkt ist auf Entfernung und der 16 mm Weitwinkelbrennweite nur sehr klein im Sucher zu erkennen. Man kann aber dann doch schon mit einem auf der Mattscheibe zu sehenden Linienendpunkt ziemlich genau drauf ausrichten. Mit dem neulich noch erworbenen sehr präzise einzustellenden Getriebeneiger ist das dann auch kein Hexenwerk mehr. Allerdings dann auch nur in zwei Ebenen gleichzeitig. Also die Neigung nach vorne und hinten und die Drehung nach links und rechts. Steht aber das Stativ beim Absetzen dann schief, weil der Untergrund uneben ist, dann muss die dritte Ebene, die Drehung des Horizonts, eingestellt werden. was wiederum die Neigungsachse verändert, die nachkorrigiert werden muss. Und das mach dann mal eben alles in 15 Sekunden. Und dann auch noch für jedes weitere Bild einzeln, weil sich auf dem wechselhaften Untergrund die Schieflage des Stativs ständig ändert. Das ist ’ne Aufgabe.
Im Nahbereich zum Knotenpunkt hatte ich dann auch gar keine Orientierung mehr. Das war defnitiv die schwierigste Stelle und ich konnte dann nur noch auf mein Glück und mein Gefühl vertrauen, bis ich am Knoten wieder vorbei war. Und das hat gedauert. Auf dem Haldenfoto ist der Weg eingezeichnet. Die Marschrichtung ist gegen den Uhzeigersinn am Äquator vorbei. Das sind fast 100 Meter, die ich auf die eben beschriebene Weise mit dem Knoten beschäftigt war.
- die Nachbearbeitung
ohne Nachbearbeitung kein Timelapse-Video. Der Schneckengang auf dem Haldenplateau hatte mir also 1.244 Einzelfotos beschert, die als erstes entwickelt werden wollten. Das geht nur in Etappen zu je maximal 100 Fotos gleichzeitig. Zu diesem Zeitpunkt werden Mensch und Material an eine interessante Belastungsprobe herangeführt.
Beim ersten Testlauf des aus allen Bildern erzeugten Daumenkinos wurden dann auch direkt die Ausreißer sichtbar, die von Softwarealgorythmen nicht mehr gebügelt werden konnten.
Also war Handarbeit angesagt.
An den Stellen, wo die Software nicht mehr klar kam und nicht erkennen konnte, worum’s denn da jetzt genau wohl geht im Bild, um dann eine gewagt anmutende maschinelle aber nicht intelligente Lösung zu präferieren, habe ich die Bildreihen dann mal sinnvoll an den entscheidenden Stellen getrennt und in 11 separate Ordner gepackt. Und den Inhalt jedes einzelnen Ordners zu einer jeweils einzelnen Video-Datei berechnen lassen.
Dann hatte ich die Einzeldateien – das waren dann schon je nach Bildmenge kleine und große Videoschnipsel – zu einem zusammenhängenden Video zusammengeführt und die Übergänge jeweils von Hand entzerrt, gedreht, skaliert, geschoben und was weiss ich noch alles getüddelt, um’s passend zu bekommen. Passend im Sinne von fliessender Bewegung um das Objekt herum. Das war ja das erklärte Ziel.
Heraus kam ein Video von einer bestimmten Länge. Das war schon ganz nach meinem Geschmack, und entsprach auch fast vollumfänglich meinem ursprünglichen Plan und meiner Vorstellung…
°loco°
Auf Halde und am Schreibtisch. Am Schreibtisch aber deutlich länger …
°ego sententiam°
Nur das Video vom Haldenplateau hier alleine zu zeigen war mir dann doch zu doof. Zumal ich zwischendurch dann auch an sowas wie ’nem Vor- und Abspann mit Orchesterbegleitung getüftelt hatte, was ja in so Kurzfilmen eigentlich dazugehört. Allein mir fehlte das Gefühl für Länge. Also Dauer.
Eine kurze Sequenz würde bei einem angemessen passenden Vorspann komplett untergehen: „Huch! Schon vorbei?“
Also suchte ich in meinem Fundus nach adäqatem Füllmaterial, dass ich in der Vergangenheit mal wagte. Auch das musste nochmal ein bischen überarbeitet werden.
Und dann musste auch ein Orchester her.
Ohne Musik kommt son Timelapse nur ziemlich langweilig daher. Das ist wie in so’nem Krimi, bei dem man an der Gänsehautstelle den Ton abdreht. Dann verpufft der Effekt.
Tja, und damit die Bilder, die jetzt laufen gelernt haben, auf den Betrachter zumindest ein bischen Wirkung vermitteln, hab ich mit der Auswahl der Orchesterbegleitung dann einfach mal für meinem Geschmack passend brachial aufgetragen.
Schaden tut das dem Daumenkino insgesamt aber nicht, wie ich finde …
°supplementum°
Ich hatte nicht ernsthaft dran gedacht, weiterhin an Timleapse-Projekten zu schrauben. Das war bisher einfach viel zu zeitaufwändig.
Und das Resultat kann dann auch nur nach entsprechender Aufbereitung überzeugen.
Ausserdem fehlt es am richtigen Equickmänt.
Aber irgendwie hab ich mittlerweile doch Gefallen dran gefunden und überlege ständig, welches das nächste interessante Motiv sein würde.
Wobei bei MoTiLa Aufnahmen nicht immer das Motiv entscheidend ist, sondern die buchstäbliche Herangehensweise an ein solches, um es dann irgendwie interessant in Szene gesetzt zu bekommen.
Is‘ also so wie mit allen Bildern…
°illustrationen°:
Heute mal nur ’n Video.
°movere imaginibus°
°navigation auxilium°
… man könnte auch Navigationshilfe drauf sagen. Ab hier geht’s irgendwie weiter …