°descriptio°:
Es sollte eigentlich nur eine „Taxifahrt“ nach Wattenscheid werden.
Weil Edith zwar selber gewollt hätte aber nicht selber gekonnt hat, haben wir uns ersatzweise hiflreich erwiesen, um am Grab von Tante Elsa mal nach dem rechten zu sehen und etwas Deko zu platzieren. So war der Plan.
Ich kam zudem auf die Idee, mit abgespecktem Besteck da die Runde zu machen. Auf Friedhöfen findet sich immer irgendwas …
Weil wir den Hintereingang genommen hatten (der in unmittelbarer Nähe zum Grab liegt), das Grab selbst aber nicht mehr aus eigener Kraft finden konnten, hat Ute dann eine Gruppe Friedhofsmitarbeiter nach der Parzelle gefragt. Ein freundlicher und vor allem gesprächiger und zudem wortgewandter Herr hatte sich direkt bereit erklärt, uns als Begleitung zu dienen. So kamen wir in den unschätzbaren Genuss einer Privatführung mit reichlichen Informationen zum Wandel des Friedhofs. Der gute Mann hatte zwischendurch gefragt, ob wir von der Presse seien. Wir hatten natürlich verneint und mehrmals betont, dass wir nur aus privaten Gründen zu Besuch sind und fagten nach dem Grund seiner Vermutung. Wir seien so behangen mit dem ganzen Kamerazeugs, da dachte er, wir seien von der Zeitung. Die sei ja neulich schon da gewesen …
Der Typ war voll in seinem Element. Der ist voll auf Bühne geeicht. Später stellte sich heraus, dass er der Friedhofsveralter in persona ist. Der Schäff des Ganzen hochstselbst. Seit 3 Jahren ist er hier als Nachfolger eines Lehrers zugange und hat bereits einiges bewegt. Er hätte auch einen anderen Berufsstand aufrufen können, wie Rechtsanwalt oder Arzt. Das sind auch die, die praktisch nicht viel auf der Pfanne haben.
Stolz zeigt er auf die kleinen Freiflächen, die als „Bienenweiden“ deklariert sind. Und schob dann auch die passenden Anekdoten nach von einigen wenigen Leuten (keine Allergiker), die sich durch Blütenbestäuber bedroht fühlten und ihm direkt damit auf den Sack gingen und denen er mit behutsamen Worten die Notwendigkeit der Blumenwiesen erklärt hat.
Der Mann passt in diese Welt, so dachte ich leise bei mir und freute mich über jeden seiner Sätze mehr und mehr.
Als wir dann am Grab von Tante Elsa angekommen waren, haben wir gelernt, was Friedhofsarbeit heute bedeutet. Die Zeiten haben sich mit dem Verantwortlichen geändert, der als GaLa-Meister erkannt hat, dass man Geld nicht einfach nur mit dem Verscharren von Leichen verdient, sondern der Friedhof der Toten auch die Insel der lebenden Artenvielfalt sein kann.
Ein Eichhörnchen bummelte in dem Moment völlig unbeeindruckt in gefühlter Armlänge an uns vorbei und sammelte gemütlich Haselnüsse, die ohne Ende hier auf den von Filegenpilzen gesäumten Wegen verstreut lagen.
Paradiesische Zustände können herrschen, wenn man sie nur lässt, so dachte ich nur …
°loco°
°ego sententiam°
Wir hatten auch erfahren, dass die zurzeit noch günstigeren Feuerbestattungen in den nächsten Jahren an die Preise der sündhaft teuren Erdbestattungen angeglichen werden sollen. Mit der Begründung, dass derzeit noch die „Wohnfläche“ als Berechnungsgrundlage dienen würde. Was bislang ja auch gepasst hat. Nur sind eben die Urnengräber aber wesentlich kleiner. Doch der Pflegeaufwand des Areals bleibt der Gleiche. Und deshalb werden dann auch alle den gleichen Preis zu zahlen haben, damit der Garten auch weiterhin top in Schuß bleibt.
Jeder muss selber wissen, was einem die Sache nach dem eigenen Tod noch Wert sein möge und ich werde jetzt nicht über Sinn und Unsinn lamentieren wollen. Das so ein Friedhof „im neuen Stil“ und trotzdem – allein durch den Baumbestand bewirkten – alten Gewand ein Erlebnis ist, steht allerdings ausser Frage. Die sorgfältige fach- und sachgerechte Pflege muss schlußendlich aber auch vernünftig bezahlt werden. Und das geht nur, wenn die zukünftigen Toten, die auch gerne da verbuddelt werden möchten, bereit sind, das alles mit den Beerdigungskosten mit zu tragen.
Ich hatte aus aktuellem Anlaß heraus schon länger drüber nachgedacht, es meinem Opa nachzumachen und mir meine Bestattung schon mal zu kaufen. Der Kullick hatte mich aber gewarnt: selbst wenn ich ietzt zahle kann es passieren, dass es dann – in 10 Jahren oder so – doch teurer als erwartet wird. Es gibt keine Preisgarantie für sowas.
Und dieser Umstand hat sich dann auch mit der Aussage des Friedhofverwalters bestätigt.
°supplementum°
Wir haben vor, dem Gottesacker aufgrund seiner Attraktivität hin und wieder mal einen Besuch abzustatten. Das wird sich dann an anderer Stelle wiederfinden.
°illustrationen°:
°navigation auxilium°
… man könnte auch Navigationshilfe drauf sagen. Ab hier geht’s irgendwie weiter …