2025-05-02 – Residenzia – Tod einer Strahlenaralie

2025-05-02 – Residenzia – Tod einer Strahlenaralie

°descriptio°

Die Strahlenaralie war ja immer schon irgendwie das Sorgenkind hier.

Beinahe wäre sie auf der Küchenfensterbank verkümmert, weil sie bis Anfang 2020 da so mutterseelenallein vor sich hin dümpelte. Ausserdem fällt durch das nach Norden ausgerichtete kleine Fenster eh kaum Sonnenlicht, was dem kleinen Pflänzchen zur lebenswichtigen Photosynthese und kräftigem Wachstum verholfen hätte.

Was für mich dann der Grund war, sie auf die Wohnzimmerfensterbank zu den anderen Sorgenkindern umziehen zu lassen.

Die haben sich alle bis jetzt prima verstanden und auch prächtig entwickelt. Die Aralie und der Bogenhanf sind  zwischenzeitlich zu ungeahnter Größe herangewachsen. Und das ohne mein nennenswertes Zutun. Etwas Wasser, etwas Futter und Ruhe. Mehr braucht hier keiner, um sich halbwegs wohl zu fühlen.

Wohlfühlambiente liegt allerdings auch immer im Auge des Betrachters und Albert sieht seine Dinge nunmal ganz anders.

Wenn der mit knapp 2 Promille Restalkohol wieder fast nüchtern ist und dann halbwegs zielorientiert schwankend die für andere als nur kurz empfunde Strecke nach Risse vermessen kann, bringt der von da dann auch völlig abgehetzt direkt neuen Balkonschmuck mit und muss danach erstmal nachtanken.

Risse verkauft gern kranke Pflanzen und das dazu passende Giftheilmittel. Albert interessiert zu meinem Leidwesen nur, was aus dem Topf rausguckt, aber weniger, was darin als freundliche und vor allem für Risse umsatzsteigernde Beigabe mit drin wohnt und spart natürlich, das aber ebenfalls zu meinem Leidwesen am falschen Ende.

Durch diesen ausgebufften Spartrick hat er es vor 2 Jahren mit der Anschaffung eines Birnenbäumchens auch geschafft, dass der Birnenrostpilz durch sein beherztes Bewässern zu mir in die Kellerloge geströmt ist. Geströmt, ja genau. Die Feuerwehr würde sowas als Löschwasserschaden bezeichnen …

Mitterweile habe ich die Balkonfugenschleusen mit eingestopften Schaumstoffrollen abgedichtet, um die Folgen seiner Trinkgewohnheiten zumindest ETWAS zu regulieren.

Die verseuchte Drexbrühe aus seinen beidseitig über die Brüstung überhängenden Kübeln hat der Besoffski also tüchtig aber ungefragt auf die darunter wohnenden und somit meinigen Freusitzbewohnern verteilt. Mit dem Ergebnis, dass nunmehr ALLE von mir hier aus gutem Grund angesiedelten Blühpflanzen den Rostpilztod gestorben sind. Allen voran schon im letzten Jahr die von mir heißgeliebte Fuchsie. Und zum Ende des letzten Jahres dann auch die Buschmalve. Von der ich aufgrund ihrer kräftigen Gestalt nicht erwartet hätte, dass die den Kampf gegen den Pilz verlieren würde. Aber wenn der Rostpilz einmal da ist, wird man den nie wieder los. Es sei denn, man vernichtet Pflanzen und Gefäße. Wie es nun Anfang dieses Jahres dann auch konsequenterweise geschehen ist.

Mir blieben nur die relativ unempflindichen Holzgewächse: die beiden Buchsbäumchen (sind eigentlich mickrige Büschchen und sehen seit dem regelmäßigen Zünslerbefall auch nicht mehr so toll aus …) und der BloomBux, der ja mal sowas von robust ist und auch wirklich ALLES problemlos wegsteckt.

Und nun hat Alberts vermeintlicher Balkonobstgarten – siehe auch oben: Wohlfühlambiente – WIEDER Deko-Zuwachs bekommen. Von dem der natürlich auch jetzt wieder keine Ahnung hat, wie sowas tatsächlich zu hegen und pflegen ist. Was ihm aber nach Ablauf der Halbwertzeit auch egal ist, weil Risse hat’s ja und verkauft gerne den Nachschub, der auch nur eine Saison lang Freude macht.

Obstbauern wissen aus der einschlägigen Berufs-Erfahrung, dass nicht nur Wasser reicht, um Erdbeerpflänzchen ihrer Frucht zu berauben. Albert meint aber, nur Wasser hilft. Viel Wasser hilft also viel. Und das landet hier unten. Mit Blumenerde und allem was da drin ist.

Läuseeier gehören auch dazu.

Und ’ne offene Balkontür ist dann eine willkommene Einladung für die adulte Pestbrut, um sich bei Aralie dann auf der vor Fressfeinden geschützten Innenfensterbank zu Tisch zu setzen. Was schlußendlich gefühlt hunderte winziger Ameisen auf den Plan rief, die den von den Läusen weggeschleuderten Honigtau mit Hingabe für sich verwerten wollten und auch vor der Besteigung des Gefäßes und der Pflanze nicht zurückschreckten. Gefühlsmäßig würde ich die Herkunft der Ameisen auch auf den über mir liegenden Balkon einnorden. Denn ich hab nicht wenige an den aufrechten und beide Balkone verbindenden  Säulen meines Windschallsichtschutzes rauf- und runterkrabbeln gesehen …

Die Läuse schleudern die klebrige Flüssigkeit im Vergleich zu ihrer winzigen Größe erstaunlich weit: die Aralie steht nämlich nicht dicht vor der Glasscheibe auf der Fensterbank. Dass die Bank mit enorm viel Honigtau versaut ist, leuchtet ein. Aber dass die Fensterscheibe damit versottet wurde, lässt mich fragend die Stirn runzeln. Allein schon demnach zu urteilen, muss eine vernichtende Armee von diesen Drexviechern die Aralie annektiert haben.


°loco°

Auf der sich langsam aber stetig ausdünnenden Fensterbank des residenzialischen Thronsaals.


°ego sententiam°

Gerd ist tot.

Iris ist tot.

Und Aralie geht’s gerade auch gaaaanz schlecht.

Meine – nach Empfehlung durch Sachkundige aber dann doch nicht ganz so konventionellen – Bemühungen zur Erhaltung der Art, scheinen wirkungslos zu bleiben.

Offensichtlich war der Über-Befall wohl doch zu heftig für das zarte Pflänzchen, das ja seit Anbeginn hier mit nicht immer ganz artgerechten Schwerigkeiten zu kämpfen hatte.

Die Läuse haben ihr also den Rest gegeben. Vielleicht auch mein etwas zu beherztes Eingreifen zur Abwehr der Plage.

Wie und was auch immer: die Pflanze liegt im Sterben, und das macht mich tief traurig. Erinnert sie mich doch an harmonische und manchmal auch nicht ganz so harmonische Zeiten in diesen Gemächern. Aber alles hat nunmal ein Ende. So auch das Leben dieses Gewächses. Denn zu retten ist da nix mehr: die zu Anfang meiner Entdeckung noch gesunden und nach der Bekämpfung der Pestläuse verbliebenen Blätter werden braun, schlaff, rollen sich ein, trocknen aus und fallen ab. Wurzelfäule scheidet aus, weil meine erste Amtshandlung darin bestand, mit frischer Erde umzutopfen.

°supplementum°

Den Tag der Beerdigung – oder in diesem Fall treffender: Kompostierung – trage ich hier nach.

Nachtrag am 2025-05-29:

Aralie hat den Stress durch den Pestbefall und vermutlich auch meine bedauerliche weil vermutlich inkompetente Notfallbehandlung nicht überlebt und ist heute – von mir unter Tränen und mal wieder tief empfundenen Schmerzen – über den Kompost dem ewigen Lebenskreislauf zurückgegeben worden.

Ob man sie hätte retten können ?

Man weiss es auch in diesem Fall nicht.

Die Trauer bleibt.

Ich mache eine Ausnahme von meiner Regel und werde vielleicht morgen schon für eine Nachfolgerin sorgen, um das entstandene Vakuum zumindest auf der Fensterbank zu füllen.

 


°illustrationen°:



°navigation auxilium°

… man könnte auch Navigationshilfe drauf sagen. Ab hier geht’s irgendwie weiter …


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